Für unser Konzert zur Marktzeit am 4. Juni 2016 hat Werner Kieselbach diesen wunderschönen Text geschrieben. (Namesgleichheiten mit real existierenden Chorsängern sind rein zufällig und nicht beabsichtigt….)
Singen
Man singt – jeder für sich. Zu Hause, in der Badewanne, beim Schneiden der Fußnägel, beim Apfelpflücken, beim Strümpfestopfen, in der Bar beim Karaoke und beim Spazierengehen. Wir singen manchmal laut und meistens leise. Wir summen, weil wir den Text vergessen haben, oder wir stellen neue Geschwindigkeitsrekorde auf beim „Auf einem Baum ein Kuckuck – Simsalabimbambasaladusalada – auf einem Baum ein Kuckuck saß.“ (Jetzt muss ich mich erst einmal kurz erholen, da bleibt einem ja die Luft weg! Aber ich war gut, nicht?) Wir singen am Morgen, wir singen in der Mittagspause und wir singen abends nach der Gutenacht-Zigarette im Garten. Wir schlafen und in unserem Kopf singt es immer noch. Immer wieder die gleichen drei Takte, immer wieder die gleichen sieben Worte, immer und immer wieder, immer im Kreis herum.
Man singt – mit anderen. Wir singen beim Fußball (Obwohl das meistens zu gröhlen ausartet!). Wir singen zu später Stunde bei Familienfeiern und Freundestreffen. Wir singen am Lagerfeuer und wir singen zu allen möglichen Gelegenheiten die „Ode an die Freude“.
Man singt – im Chor. Musik ist ein untrennbarer Teil unseres Lebens und ein wesentlicher Bestandteil der Musik ist der Gesang, unser Gesang! Wir treffen uns jede Woche zur Probe. Wir freuen uns über die Stücke, die wir proben und wir freuen uns besonders, wenn wir sie gut können. Wir feilen an einzelnen Tönen und Takten und üben die Texte. Wir ergänzen unsere Noten um Aufführungshinweise und versuchen uns bei der nächsten Probe daran zu erinnern, was die Hieroglyphen eigentlich bedeuten sollten. Wir wickeln uns einen Schal um den Hals und trinken heißen Tee, um für die nächste Probe fit zu sein. (Aber nicht zu heiß, das schadet dann schnell wieder!)
Man singt – für andere! Höhepunkte für jeden Sänger sind Aufführungen. Wir üben lange und intensiv. Wir fiebern den Konzertterminen entgegen, die dann doch stets viel zu schnell kommen. Wir treffen uns zum Einsingen vor der Bewährungsprobe. Jeder versucht auf seine Art und Weise mit der Nervosität fertig zu werden. Klaus isst eine Banane, Helga nimmt schnell einen „wenzigen Schlock“ aus der Taschenflasche, Peter liest betont ruhig seine Tageszeitung und kann trotz aller Bemühungen nicht verhindern, dass die Seiten rascheln, weil seine Hände zittern.
Alles regelt sich. Das Konzert beginnt. Die Zusammenarbeit zwischen Chor, Dirigent und Musikern wird grandios, alles klappt – fast – perfekt. Ende! Was für ein Erfolg, was für eine Erleichterung, was für eine Freude! Jetzt bloß nicht gleich nach Hause! Erst mal genießen, feiern, erzählen, runterkommen und – ein Lied singen!
Gifhorn, 1. Juni 2016